Die Gruppe E ist der Albtraum aller Tippspieler. Vom Namen her ist Italien selbstverständlich Favorit, doch die Squadra Azzura befindet sich im Umbruch. Die belgischen Talente, die in dieser Konstellation ihre Turnierpremiere in Brasilien feierten könnten bereits reif sein für größere Aufgaben. Dazu kommen die Schweden, die mit Ibrahimovic einen Spieler in ihren Reihen haben, der Spiele im Alleingang entscheiden kann und die physisch starken Iren, die mit ihrer Dynamik sehr unangenehm zu spielen sind.
Schweden
1948 kürte sich Schweden zum Olympiasieger. In der ersten
Runde traf die Auswahl mit den Superstars Gren, Liedholm und den 3 Nordahl
Brüdern auf Österreich und fertigte diese mit 3:0 ab.
Zehn Jahre später erreichte das Drei-Kronen-Team bei der
Weltmeisterschaft im eigenen Land das Finale und schaltete dabei die
Sowjetunion und Deutschland aus. Nur Brasilien mit dem blutjungen Pele war zu
stark für die Gastgeber. Danach verschwand Schweden für viele Jahre aus dem
Reigen der Spitzenteams. Das änderte sich 1992. Wieder richtete Schweden ein
Turnier aus und wieder nutzte das Team den Heimvorteil. Ein Unentschieden gegen
Frankreich sowie Siege über Dänemark und England brachten den ersten
Gruppenplatz in der Vorrunde. Im folgenden Halbfinale musste sich das Team um
die Stars Brolin, Thern, Dahlin und Ljung Deutschland knapp mit 3:2 geschlagen
geben.
Zwei Jahre später, bei der WM in den USA stellte derselbe
Stamm unter Beweis, dass das gute Abschneiden bei der Heim EM nicht nur dem
Heimvorteil zuzuschreiben war. Im Halbfinale scheiterte man denkbar knapp an
Brasilien. Dafür entschieden die Schweden das Spiel um Platz 3 gegen die
Sensationsmannschaft aus Bulgarien für sich.
Wenn man an das heutige schwedische Team denkt kommt als
erstes natürlich Zlatan Ibrahimovic in den Sinn. Der vermutlich aktuell beste
Stürmer dieses Planeten ist nicht nur medial das Um- und Auf seines Teams. Das
Spiel der Schweden ist zugeschnitten auf ihn und der Spielaufbau ausgelegt
darauf ihn gut in Szene zu setzen. Wenn Ibrahimovic einen schlechten Tag hat
sind die Schweden eine Klasse schwächer. Dennoch mittlerweile sind es mehr
Akteure auf deren Schultern das schwedische Spiel ruht. Mit 8 Treffern stellt
Ibrahimovic jedoch den Löwenanteil der Torausbeute des Dreikronen Teams in der
Qualfikation. Dahinter versuchen Toivonen oder Källström Linie ins Spiel zu bringen. Die Defensive ist
physisch stark und kompromisslos. Das schwedische Team hat eine gute Mischung
aus renommierten und jungen Akteuren, dennoch fehlt die Dichte im Kader und die
Optionen für taktische Variationen, insgesamt ist Schweden leicht auszurechnen,
was jedoch nicht gilt für Ibrahimovic – ihn kann man nicht ausschalten.
Schweden ist eines der wenigen Teams die noch auf einen echten Superstar
zurückgreifen können – oder müssen.
Irland
Die Erfolgsgeschichte der irischen Nationalmannschaft ist
schnell erzählt. Das Erreichen des Viertelfinales bei der Weltmeisterschaft
1990 stellt den bisherigen Höhepunkt dar.
2010 waren die Iren im Playoff nach einem Handsvergehen von
Henry in der Verlängerung und dem der Szene folgenden Treffer von Gallas ausgeschieden.
In der Qualifikation zur EM 2016 in Frankreich zeigten sich die Iren um einiges
kaltblütiger. Vor allem gegen Deutschland boten die Spieler von der grünen
Insel sehr starke Leistungen. Ein 1:1 in Gelsenkirchen und ein 1:0 Sieg in
Dublin gegen den Weltmeister sorgten sowohl für Aufsehen als auch für jenes
Selbstvertrauen, das das Team 5 Jahre zuvor noch nicht hatte. Die, typisch
britisch spielenden, Iren boten auch gegen die starken Polen eine gute
Leistung. Einzig gegen die Schotten, die eine ähnliche Spielanlage aufweisen,
taten sich die Iren schwer. Die Iren verfügen über einige extrem routinierte
Spieler wie John O’Shea, Shay Given, Aiden McGeady oder Legende Robbie Keane,
der sich noch einmal zum Karriereende ein Großereignis zum Geschenk machen
darf. Der hohe physische Einsatz, den der irische Stil erfordert wird von den
Premierleague erfahrenen Akteuren gut umgesetzt und die enorme Kampfkraft kann
jedem Team große Probleme bereiten. Die EM Gruppe mit Schweden, Italien und
Belgien sollte eine echte Herausforderung für die irische Mannschaft
darstellen.
Italien
Italien, das ist Urlaub am Strand, Gelati und die Squadra
Azzura. Seit jeher gehören die Dunkelblauen Dressen mit den weißen Hosen zu
jenen Dressen, die man recht lange bei den Turnieren im Weltfußball bewundern
darf. Klingende Namen wie Dino Zoff, Claudio Gentile, Paolo Maldini, Roberto
Baggio oder Gianluca Vialli strahlen hell im Legendenclub europäischer
Fußballgeschichte. Doch der typische italienische Spielertyp ist rar geworden. Gianluigi
Buffon, das Urgestein im Tor der Italiener ist der letzte „Überlebende“ der
Legenden von früher. Aktuell befinden sich die Italiener in einem
Generationswechsel. Einige „Altgediente“ wie Bonucci, Montolivio oder Candreva
werden umringt von Spielern mit 10-20 Länderspielen. Vor allem im Angriff ist
kein Stein auf dem anderen geblieben und Teamchef Conte hat stark verjüngt. Die
Qualifikation war eher enttäuschend, zahlreiche Unentschieden und knappe Siege
geben wenig Grund zur Hoffnung, dass Italien bei der EM Akzente setzen kann.
Auch die 1:4 Testspielniederlage gegen Deutschland deutet nicht auf goldene
Zeiten hin. Den Italienern, bleibt nur eine Hoffnung – auch 2006 hatte niemand
die im Umbruch befindliche Mannschaft auf der Rechnung – am Ende holte man den
Weltmeistertitel.
Belgien
Dass Belgien 1920 Olympiasieger war wissen vermutlich nur
die wenigsten, etwas präsenter wird der dritte Platz bei der
Europameisterschaft 1972 im eigenen Land sein. Aufgrund der Tatsache, dass nur
4 Teams teilnahmen ist das Erreichen des Spieles um Platz 3 jedoch einer 1:2
Niederlage gegen Deutschland zu „verdanken“. Aber die „roten Teufel“, wie das
Team genannt wird, hatten ihre Blütezeit in den 1980er Jahren. Besonders die
Europameisterschaft 1980, mit dem Erreichen des Finales ist hervorzuheben. Nach
einem 1:1 gegen England, einem 2:1 Sieg über Spanien und einem 0:0 gegen
Italien beendeten die Belgier die Gruppenphase auf dem ersten Platz. Im Finale
gegen Deutschland wurden dem aufstrebenden Team jedoch die Grenzen aufgezeigt
und mit einer eher schmeichelnden 1:2 Niederlage zerplatzte der Traum vom
großen Coup. Die Generation um Jean-Marie Pfaff, Eric Gerets, Rene
Vandereycken, Francois Van der Elst und Jan Ceulemans prägte den belgischen
Fussball für viele Jahre und verstärkt mit Vincenzo Scifo bestätigte das Team
1986 mit dem vierten Platz bei der WM in Mexiko seine Klasse.
Bei der Weltmeisterschaft in Brasilien war Belgien jenes
Team mit der höchsten Dichte an Top-Talenten. Die Belgier gewannen alle drei
Vorrundenspiele, allerdings jeweils nur mit einem Treffer Unterschied. Im
Achtelfinale gab es ein 2:1 über die USA ehe man gegen den späteren Finalisten
Argentinien mit 0:1 unterlag. Nun - 2 Jahre später wird es für Belgien gelten
diesen Höhenflug zu bestätigen. In der Qualifikation taten sich die roten
Teufel gegen Wales besonders schwer. Ein 0:0 daheim und eine 1:0 Niederlage in
Cardiff zeugten noch nicht davon, dass dieses Team reif für Großes ist. Besser
lief es gegen Bosnien, wo man auswärts zwar nicht über ein 1:1 hinaus kam, doch
daheim klar mit 3:1 gewinnen konnte. Gegen Israel behielt man ein weiße Weste.
Ein Streifzug durch den Kader liest sich wie das Who is Who des europäischen Fußballs.
Die Torhüter Courtouis von Chelsea und Mignolet von Liverpool. Verteidiger
Kompany (Manchester City), Alderweireld (Tottenham), Vermaelen (Barcelona),
Vertonghen (Tottenham) oder Lombaerts (Zenit). Im Mittelfeld De Bruyne
(Manchester City), Defour (Anderlecht), Eden Hazard (Chelsea), Mirallas
(Everton), Naingollan (Roma), Witsel (Zenit) oder Routinier Fellaini
(Manchester United). Wenn die Belgier
überhaupt eine Schwachstelle haben dann ist es im Angriff wo viele junge
Talente um Einsätze rittern. Allen voran Dris Mertens von Napoli, der in der
Qualifikation 3 Treffer erzielte.
Belgien muss man bei diesem Turnier als Geheimfavorit sehen,
daran ändert auch die schwere Vorrundengruppe mit Italien, Irland und Schweden
nichts.
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