EM Vorschau - Gruppe C - Deutschland, Polen, Nordirland, Ukraine

Donnerstag, 12. Mai 2016

Gruppe C steht im Schatten von Titelfavorit Deutschland. Polen, jenes Team das gegen die Deutschen in der Qualifkation eine sehr gute Leistung bot hat vom Kader her durchaus das Potential eine Überraschung des Turniers zu werden. Auch die Nordiren spielen einen offensiven Fußball und können mit ihrer typisch britischen Einsatzbereitschaft Druck erzeugen. Die defensiv ausgerichteten Ukrainer kompletieren die abwechslungsreiche Gruppe.


Deutschland

Der Weltmeistertitel 2014 erfolgte nahezu mit Ansage. Schon in der Vorrunde zeigte sich, dass die Deutschen den effizientesten Fußball aller Teilnehmer spielten, das 7:1 gegen Brasilien im Halbfinale stellte die endgültige Untermauerung des Titelanspruchs dar. Das Wunder von Bern 1954 ebenso wie die Bayern Stars von 1974 um Beckenbauer, Maier und Müller und die kompakte Mannschaft von 1990 fanden nach 24 Jahren Nachfolger. Schweinsteiger, Özil, Khedira, Neuer, Lahm, Klose und Müller dürfen sich in einem Atemzug mit den Legenden der früheren Jahre nennen lassen.
Nun gilt es die Vormachtstellung zu bestätigen. Deutschland hat in der Qualifikation jedoch alles andere als souverän agiert. Niederlagen gegen Polen und Irland sowie 2 knappe Siege gegen Schottland zeugten nicht von jener Klasse die den Deutschen in Brasilien zum Weltmeistertitel verhalf. Junge Kräfte stehen im Fokus. Klose hat seine Karriere beendet ebenso wie Philipp Lahm. Das Grundgerüst der Mannschaft steht noch. Neuer, Hummels, Boateng, Schweinsteiger,  Özil, Reus, Götze und Kroos stellen den Stamm. Dahinter kommen einige junge Talente. Dennoch die Dichte im Kader ist nicht mehr so dicht wie vor 2 Jahren. Außerdem bleibt abzuwarten ob der Biss nach dem so lange erträumten Titel noch da ist. Aber Deutschland ist eine Turniermannschaft und die Konkurrenz gerade heuer nicht so stark aufgestellt. Kaum ein Team verfügt über „echte“ Weltstars und in dieser Wertung liegen die Deutschen auch im Spitzenfeld. Letztlich muss man Deutschland als Topfavorit auf der Liste haben.

Ukraine

Wer an Fussball in der Ukraine denkt dem fällt zuerst Dinamo Kiew ein, dann Trainerlegende Valerij Lobanowski und dann natürlich Andrij Shevchenko.
Das aktuelle Team hat weder etwas mit Lobanowski zu tun noch mit Shevchenko. Der Großteil des Teams spielt in der heimischen Liga und mit Timoschtschuk steht nur ein Spieler in den Reihen der Ukrainer, der schon im großen europäischen Fußball brillieren konnte. In der Qualifikation tat sich die Ukraine schwer und musste den Umweg über das Playoff antreten wo man sich gegen Slowenien durchsetzen konnte. Wenn sich das Team beim Turnier nicht stark steigern kann wird es vermutlich nur ein kurzer Ausflug nach Frankreich werden – noch dazu wo man mit Weltmeister Deutschland einen übermächtigen Gruppenfavoriten zugelost bekommen hat. 

Nordirland

Fußball in Nordirland ist unweigerlich mit George Best verbunden - einem der besten Spieler, der 1960er Jahre und Superstar von Manchester United – zu einer Endrunde schaffte er es mit seinem Land niemals. Ein Schicksal, das er mit einigen herausragenden Spielern kleiner Nationen teilt. 1958 bei der WM in Schweden waren die Nordiren erstmals bei einer Endrunde – Danny Blanchflower war der Star des Teams, das überraschend die Vorrunde überstand ehe man gegen Frankreich mit 0:4 ausscheiden musste. Auch bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien überstanden die Nordiren die Gruppenphase und stellten einen Rekord in der Weltmeisterschaftsgeschichte auf – Norman Whiteside ist bis heute der jüngste Spieler der bei einer WM zum Einsatz kam. Zum letzten Mal konnte man Nordirland 1986 bei einem Turnier bewundern, wo man jedoch die Vorrunde nicht überstand.
Die Nordiren standen in der Qualifikation für einen schnellen körperbetonten typisch britischen einsatzfreudigen Fußball. Nur Rumänien konnte die Nordiren in der Qualifikation besiegen. Angetrieben von Steven Davis und mit Goalgetter Kyle Lafferty ist Nordirland ein unangenehm zu spielender Gegner, der vor allem durch Physis und Dynamik überzeugt. Zwar zieht Davis die Fäden aber die Nordiren sind breit aufgestellt. Da das Team ohne Druck spielen kann könnten gerade die Nordiren eine heiße Aktie auf eine Überraschung sein. 

Polen

Während Weltmeister Deutschland einen schlechten Start in die Qualifikation hatte, diktierten die Polen das Geschehen in der Qualifikationsgruppe D. Rund um Superstar Robert Lewandowski hat sich in den letzten beiden Jahren ein schlagkräftiges Team geformt, das bei der kommenden Europameisterschaft endlich um einen Titel spielen möchte. Polen gewann 1972 olympisches Gold und erreichte bei den Weltmeisterschaften 1974 und 1982 den dritten Platz, doch dieser Erfolg ist lange her und die folgenden Generationen konnten nie an Legenden wie Wladyslav Zmuda, Grzegorz Lato, Kazimierz Deyna, Wlodzimierz Smolarek oder Zbigniew Boniek herangekommen.
Das bisher stärkste Turnier der Polen war die WM 1974. Dort avancierten sie  mit ihrem Offensivfussball zum Publikumsliebling und gewannen alle drei Vorrundenspiele (3:2 gegen Argentinien, 7:0 gegen Haiti und 2:1 gegen Italien) ehe in der Zwischenrunde nach Siegen gegen Jugoslawien und Schweden das entscheidende Duell um den Finaleinzug gegen Deutschland mit 0:1 verloren ging obwohl die Polen das bessere Team waren. Im Spiel um Platz 3 wurde Brasilien besiegt. Auch den Torschützenkönig stellten die Polen mit Lato, der 7 Treffer erzielte.
 In den letzten Jahren haben die Polen stetig eine Weiterentwicklung gezeigt, der Anspruch zu den Geheimfavoriten zu gehören wird trotzdem vor allem von der Form von Scorer Robert Lewandowski abhängen, der mit 13 Treffern die Torschützenliste aller Qualifikationsgruppen anführte. Nach dem 7:0 in Gibraltar gab es einen 2:0 Überraschungssieg gegen die Deutschen. Doch die britischen Teams aus Schottland (zweimal 2:2) und Irland (2:1 und 1:1) bereiteten Polen Probleme. Die Dichte im polnischen Team ist höher als früher, Blaszykowski, Mila, der früher in Österreich bei der Austria spielte und vor allem Arkadiusz Milik, der 6 Qualifikationstreffer beisteuerte unterstützen Lewandowski tatkräftig. Die Polen spielen einen bissigen Offensiv-Fußball und erzeugen viel Druck. Bei sehr körperbetont spielenden Gegnern fühlen sich die feinen Techniker jedoch weniger wohl.